BildungBusinessPolitikRatgeber

FinanzFabio und die Bankenlobby: Wie transparent muss Einfluss sein?

Ein Kommentar

In der Schweizer Finanzwelt tobt derzeit eine aufschlussreiche Debatte – und sie betrifft nicht etwa nur Zahlen, Zinsen oder regulatorische Details, sondern vor allem Vertrauen. Im Zentrum steht der bekannte Finfluencer FinanzFabio, bürgerlich Fabio Marchesin, der mit seiner Reichweite insbesondere junge Menschen für Finanzthemen begeistert. Doch genau diese Nähe zu einem jungen, oft weniger finanzgebildeten Publikum macht ihn auch für mächtige Akteure wie die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) interessant. Und hier beginnt das Dilemma.

Worum geht es konkret?

FinanzFabio produziert eine Podcast-Reihe in Zusammenarbeit mit der SBVg – bezahlt, aber nur spärlich als solche gekennzeichnet. In den Gesprächen, unter anderem mit August Benz, dem stellvertretenden CEO der Bankiervereinigung, geht es um Themen wie Bankenregulierung, Eigenkapitalanforderungen oder die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Schweiz.

Benz warnt im Podcast etwa davor, dass höhere Eigenkapitalvorgaben für Banken – etwa für die UBS – negative Folgen für die Kreditvergabe, insbesondere Hypotheken, haben könnten. Auch Arbeitsplätze seien in Gefahr. Ein Narrativ, das sehr klar die Perspektive der Banken vertritt – was an sich legitim ist. Doch problematisch wird es, wenn diese Position durch die Stimme eines Influencers verbreitet wird, der sein Publikum in erster Linie mit dem Versprechen unabhängiger Aufklärung gewonnen hat.

Die entscheidende Frage: Ist das noch Information – oder schon Lobbying?

Kritisch ist dabei weniger, was gesagt wird, sondern wie es geschieht. Die Kennzeichnung der Podcasts als bezahlte Kooperation ist – gelinde gesagt – unzureichend. Auf Spotify beispielsweise gibt es keine klare Information dazu. Erst nach öffentlicher Kritik wurde im Beschreibungstext ein Hinweis ergänzt. Das widerspricht dem Grundsatz der Lauterkeit im Marketing, wie ihn die Schweizerische Lauterkeitskommission (SLK) formuliert:

„Kommerzielle Kommunikation, gleichgültig in welcher Form sie erscheint oder welches Medium sie benutzt, ist unlauter, wenn sie nicht als solche eindeutig erkennbar und vom übrigen Inhalt nicht klar getrennt ist.“
– Philipp Kutter, Präsident der SLK

Was sagt FinanzFabio selbst?

Marchesin weist die Vorwürfe zurück. Der Podcast sei reine Aufklärung, das Geld diene lediglich der Produktion, die Inhalte blieben redaktionell unabhängig. In Interviews hebt er hervor, dass er nicht für Produktplatzierungen bezahlt werde und sich durch Authentizität und Unabhängigkeit von traditionellen Bankberatern abhebe. Doch genau hier liegt das Spannungsfeld: Kann man unabhängig sein, wenn man für inhaltliche Formate von einer Interessenvertretung bezahlt wird – ohne dies offen zu deklarieren?

Das strukturelle Dilemma: Der Finfluencer zwischen Aufklärung und Einflussnahme

Der Fall FinanzFabio zeigt beispielhaft, in welchem Spannungsfeld sich Finfluencer heute bewegen:

  • Reichweite trifft Verantwortung: Finfluencer erreichen ein Publikum, das klassische Finanzkanäle oft meidet. Das schafft Chancen für Aufklärung – aber auch Risiken für Manipulation.
  • Kommerzielle Abhängigkeiten: Mit wachsender Professionalität steigen die Produktionskosten. Wer zahlt, redet mit. Doch wenn Inhalte nicht klar als gesponsert deklariert sind, wird Vertrauen verspielt – vor allem in sensiblen Bereichen wie der Finanzkommunikation.
  • Regulatorische Grauzonen: Die rechtlichen Rahmenbedingungen für Werbekennzeichnung sind klar – ihre Durchsetzung in Podcasts, Reels oder TikToks hingegen oft schwammig. Genau hier finden moderne Formen des Lobbyings ihr Einfallstor.

Was sagen andere Stimmen?

Auch Medien wie Blick, Nau.ch und Fachportale äussern sich kritisch. Experten sprechen von „verdecktem Lobbyismus“ und warnen davor, dass finanzpolitische Narrative ungefiltert durch Influencer an ein junges Publikum weitergetragen werden – ohne dass dieses die dahinterstehenden Interessen erkennt.

Die Bankiervereinigung bestätigt die Zahlungen, betont jedoch, dass FinanzFabio volle redaktionelle Freiheit geniesse. Doch diese Aussage bleibt – bei genauer Betrachtung – problematisch: Denn selbst wenn Inhalte nicht direkt beeinflusst werden, verändert sich durch das Geld die Beziehung zwischen Sender und Empfänger. Vertrauen basiert auf Unabhängigkeit – nicht nur gefühlt, sondern faktisch.

Ein persönliches Fazit

Ich schreibe diesen Artikel nicht, um anzuprangern – sondern um zu sensibilisieren. Ich halte viel von dem, was Finfluencer wie FinanzFabio tun: Sie machen ein trockenes Thema lebendig, niederschwellig und relevant. Doch wer mit seinem Mikrofon Vertrauen schafft, muss auch besonders sorgfältig damit umgehen.

Transparenz ist keine bürokratische Pflicht, sondern eine ethische Haltung.

Wenn Geld im Spiel ist – und sei es nur für die Technik oder den Schnitt – dann sollte das offengelegt werden. Klar, deutlich, zu Beginn jeder Folge. Alles andere wirkt wie eine Grauzone, die das Potenzial hat, das gesamte Format zu beschädigen.

Denn eines ist sicher: Die Diskussion über Einfluss, Unabhängigkeit und Transparenz im Influencer-Marketing – gerade im Finanzbereich – wird weitergehen. Und sie ist längst überfällig.

Schreibe einen Kommentar