Die „Drecksarbeit“-Aussage von Friedrich Merz und die Strafanzeige
Manchmal genügt ein einziges Wort, um eine politische Debatte zu entfachen. In diesem Fall war es das Wort „Drecksarbeit“, das Bundeskanzler Friedrich Merz in einem Interview mit dem ZDF am Rande des G7-Gipfels in Kanada verwendete. Der Kontext: der anhaltende Konflikt zwischen Israel und dem Iran. Die Folge: Empörung, eine Strafanzeige – und eine öffentliche Kontroverse, die viel über das politische Klima in Deutschland verrät.
Ich möchte mit diesem Beitrag nicht nur auf die Fakten eingehen, sondern Sie auch mitnehmen hinter die Kulissen dieser Debatte: Was wurde wirklich gesagt? Wer klagt und warum? Und was bedeutet das juristisch – aber auch politisch?
Was ist konkret passiert?
Während eines ZDF-Interviews sprach die Moderatorin Diana Zimmermann die militärischen Aktionen Israels gegen den Iran an und formulierte provokant, ob es für den Westen nicht „verlockend“ sei, dass Israel dabei „die Drecksarbeit“ übernehme. Friedrich Merz griff diesen Begriff auf – und sagte wörtlich:
„Frau Zimmermann, ich bin Ihnen dankbar für den Begriff Drecksarbeit. Das ist die Drecksarbeit, die Israel macht – für uns alle. Wir sind von diesem Regime auch betroffen.“
Merz bezog sich damit auf das iranische Regime, das er weiter als „Mullah-Regime“ bezeichnete, das „Tod und Zerstörung in die Welt gebracht“ habe – unter anderem durch die Unterstützung der Hisbollah und der Hamas.
Diese Äußerung sorgte umgehend für Aufsehen – und rief nicht nur politische Kritik hervor, sondern auch juristische Konsequenzen.
Die Strafanzeige – Wer steht dahinter und was wird vorgeworfen?
Der ehemalige Bundestagsabgeordnete Diether Dehm (ehemals Die Linke) reichte beim Generalbundesanwalt sowie bei der Staatsanwaltschaft Berlin eine Strafanzeige gegen Merz ein. Zu den Mitunterzeichnern gehören rund 20 weitere Persönlichkeiten, darunter der Kabarettist Dieter Hallervorden, der Publizist Patrik Baab sowie Politiker des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW), wie Andrej Hunko und Michael von der Schulenburg.
Der Vorwurf: Merz habe mit seiner Aussage gegen Artikel 26 des Grundgesetzes, Artikel 2 Absatz 3 der UN-Charta sowie § 80a des Strafgesetzbuches (StGB) verstoßen. Zusammengefasst geht es um den Verdacht, er habe zum völkerrechtswidrigen Krieg aufgestachelt oder zumindest dessen Billigung ausgedrückt.
Die rechtliche Bewertung – Ist da wirklich etwas dran?
Aus juristischer Sicht erscheinen die Vorwürfe derzeit wenig belastbar – und ich sage das mit dem nötigen Respekt gegenüber der Kritik:
- Artikel 26 GG zielt auf die Vorbereitung eines Angriffskrieges. Doch Merz hat keine aktive Handlung oder gar Kriegsplanung unterstützt. Seine Äußerung war – so missverständlich und unglücklich sie formuliert sein mag – eine politische Einschätzung, kein Aufruf zur Gewalt.
- § 80a StGB verbietet das „öffentliche Auffordern zu einem Angriffskrieg“. Auch dieser Tatbestand ist hier nach Meinung zahlreicher Verfassungsrechtler*innen nicht erfüllt – es fehlt die konkrete Aufforderung oder Unterstützung eines kriegerischen Akts.
- UN-Charta Artikel 2.3 verpflichtet Staaten zur friedlichen Beilegung internationaler Konflikte. Ein deutscher Kanzler, der einen Drittstaat in seiner militärischen Rolle würdigt, mag damit ein politisches Signal senden – doch eine Verletzung des Völkerrechts liegt darin juristisch kaum begründbar vor.
Fazit: Die Strafanzeige wirkt vor allem als politisches Statement – und als Versuch, einen politischen Tabubruch juristisch zu sanktionieren. Ob sie strafrechtlich Aussicht auf Erfolg hat? Eher nicht.
Wie reagierten Politik und Öffentlichkeit?
Die Formulierung von Merz stieß auf breite Kritik – nicht nur bei der Opposition, sondern auch vereinzelt innerhalb der CDU. Politikerinnen und Politiker von SPD, Grünen und Linken warfen dem Kanzler mangelnde diplomatische Sensibilität vor. Vor allem die Übernahme des Begriffs „Drecksarbeit“ wurde als moralisch bedenklich empfunden – gerade angesichts der historischen Verantwortung Deutschlands gegenüber Israel und der sensiblen Nahostlage.
Gleichzeitig erhielt Merz auch Rückendeckung: Kanzleramtschef Thorsten Frei verteidigte ihn ebenso wie der israelische Botschafter in Berlin. Beide betonten die Bedrohung durch ein atomar aufrüstendes Iran und die Rolle Israels als „Schutzschild“ für den Westen.
Fazit: Zwischen Wortwahl, Wirklichkeit und Wirkung
War die Wortwahl von Merz taktisch, fahrlässig oder schlicht gedankenlos? Ganz gleich, wie man dazu steht – eines zeigt diese Debatte sehr deutlich: Worte sind mächtig. Besonders dann, wenn sie in internationalen Krisenlagen fallen – und von einem Kanzler kommen.
Die Strafanzeige wird juristisch vermutlich ins Leere laufen. Doch die Debatte selbst bleibt wichtig – nicht zuletzt, weil sie uns erinnert: In der Außenpolitik geht es nicht nur um Strategie, sondern auch um Sprache. Und die sollte – gerade in Zeiten globaler Spannungen – mit Bedacht gewählt werden.