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Stromsteuersenkung auf der Kippe: Versprechen vs. Realität

Ein zentrales Wahlversprechen wankt – die angekündigte Stromsteuersenkung für alle Bürgerinnen und Bürger bleibt vorerst aus. Was bedeutet das für Verbraucher, Wirtschaft und das Vertrauen in die Politik?

Ein Blick zurück: Das Versprechen im Koalitionsvertrag

Im Koalitionsvertrag hatten CDU, CSU und SPD unmissverständlich erklärt, die Stromsteuer für alle auf das europäische Mindestmaß von 0,1 Cent pro Kilowattstunde zu senken. Diese Maßnahme sollte eine sofortige Entlastung für Privathaushalte wie Unternehmen darstellen – ein Baustein der energie- und wirtschaftspolitischen Strategie der Bundesregierung.

Für eine durchschnittliche vierköpfige Familie hätte dies eine jährliche Ersparnis von rund 100 Euro bedeutet. Auch der Mittelstand und das Handwerk sollten profitieren, um die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und die Energiewende sozial abzufedern.

Die Realität: Stromsteuersenkung nur für ausgewählte Branchen

Mit der Vorlage des Haushaltsentwurfs 2025 wurde deutlich: Das Versprechen einer umfassenden Stromsteuersenkung wird nicht umgesetzt – zumindest nicht für alle. Stattdessen profitieren ausschließlich die energieintensive Industrie sowie die Land- und Forstwirtschaft dauerhaft von einer reduzierten Stromsteuer.

Privathaushalte, der Einzelhandel und viele Dienstleistungsunternehmen hingegen bleiben außen vor. Die breite Entlastung, die Millionen Menschen in Zeiten steigender Energiekosten erhofft hatten, bleibt aus.

Begründung der Bundesregierung: Prioritäten unter Finanzdruck

Laut Bundesregierung sei die Maßnahme angesichts der angespannten Haushaltslage finanziell nicht tragbar. Finanzminister Klingbeil erklärte, dass sämtliche Entlastungen unter Finanzierungsvorbehalt stehen. Eine Stromsteuersenkung für alle hätte den Bundeshaushalt jährlich mit rund fünf Milliarden Euro belastet – Mittel, die aktuell nicht zur Verfügung stehen.

Die Regierung rechtfertigt ihre Entscheidung damit, dass der größte Handlungsbedarf bei der Industrie liege. Nur durch eine gezielte Entlastung der Unternehmen könne die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands im internationalen Vergleich gesichert werden – insbesondere angesichts hoher Energiepreise und globaler Marktunsicherheit.

Alternative Entlastungen – nur ein Tropfen auf den heißen Stein?

Anstelle der Stromsteuersenkung für alle sollen andere Maßnahmen greifen:

  • Die Netzentgelte sollen sinken.
  • Die Gasspeicherumlage für Verbraucher könnte entfallen.

Doch diese Schritte reichen aus Sicht vieler Experten und Betroffener nicht aus, um die finanziellen Belastungen durch steigende Strompreise spürbar zu senken. Gerade einkommensschwache Haushalte und kleine Unternehmen bleiben weiter unter Druck.

Breite Kritik: Von „Wortbruch“ bis zu einem „fatales Signal“

Der politische und gesellschaftliche Widerstand gegen diese Entscheidung ist groß. Verbraucherschützer, Sozialverbände und Teile der Opposition sprechen von einem „Wortbruch“ und einem „verheerenden Signal“ an Bevölkerung und Wirtschaft. Auch innerhalb der Koalitionsparteien regt sich Unmut – insbesondere bei den Grünen, die die Entscheidung als Rückschritt für die soziale Gerechtigkeit der Energiewende werten.

Wirtschaftsverbände betonen, dass nicht nur die Großindustrie, sondern alle Sektoren unter hohen Stromkosten leiden. Eine gezielte Stromsteuersenkung für alle sei essenziell, um:

  • Elektrifizierung voranzutreiben,
  • Bürokratie abzubauen,
  • und den Übergang zu einer klimafreundlichen Wirtschaft zu erleichtern.

Wie geht es jetzt weiter?

Der Haushaltsentwurf 2025 ist noch nicht verabschiedet. Im weiteren parlamentarischen Verfahren besteht theoretisch die Möglichkeit, dass nachverhandelt wird und doch noch eine breitere Stromsteuersenkung beschlossen wird – vorausgesetzt, entsprechende Mittel werden gefunden oder umgeschichtet.

Bis dahin steht die Regierung unter erheblichem Rechtfertigungsdruck. Nicht nur das Vertrauen in konkrete Wahlversprechen, sondern auch die Glaubwürdigkeit der Energiepolitik insgesamt steht auf dem Spiel.

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