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Gürtelrose-Impfung: Unerwarteter Schutz vor Demenz?

Neue Studien liefern überzeugende Hinweise

Könnte eine Impfung gegen Gürtelrose mehr bewirken, als bisher gedacht? Aktuelle Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass die Gürtelrose-Impfung nicht nur vor der schmerzhaften Virusinfektion schützt, sondern möglicherweise auch das Risiko für Demenz senkt – insbesondere bei Frauen. Dieser potenziell doppelte Nutzen rückt die Herpes-Zoster-Impfung in ein neues Licht. Doch wie belastbar sind die Studien? Und was sagen Fachleute zu den Ergebnissen?


Was sagen aktuelle Studien zur Gürtelrose-Impfung und Demenzprävention?

Mehrere internationale Forschungsgruppen – darunter Wissenschaftler aus Heidelberg, Mainz, Frankfurt, Wien und Stanford – haben in den vergangenen Jahren umfangreiche Gesundheitsdaten analysiert. Sie untersuchten den Zusammenhang zwischen der Herpes-Zoster-Impfung und dem Auftreten von Demenzerkrankungen in späteren Lebensjahren.

Besonders aussagekräftig ist eine Studie aus Wales mit über 290.000 Teilnehmenden: Demnach war das Risiko, innerhalb der Folgejahre an Demenz zu erkranken, bei Geimpften um etwa 20 Prozent geringer als bei Ungeimpften. Bei Frauen lag die Risikoreduktion sogar bei bis zu 30 Prozent, während bei Männern kaum ein messbarer Effekt festgestellt wurde.


Methodisch stark: Warum die Ergebnisse mehr als Zufall sein könnten

Die Studien profitieren von einem sogenannten natürlichen Experiment: In Wales wurde die Impfung ausschließlich Personen gewährt, die exakt 79 Jahre alt waren. Personen, die nur wenige Tage älter oder jünger waren, erhielten keinen Zugang zur Impfung. Diese zufällige Altersgrenze ermöglicht einen besonders sauberen Vergleich zwischen nahezu identischen Gruppen – ein Vorgehen, das viele potenzielle Verzerrungen, etwa durch Lebensstil oder sozioökonomischen Status, weitgehend ausschließt.

Auch Daten aus Australien und den USA stützen die walisischen Ergebnisse. Besonders interessant: In den USA wurde der moderne Totimpfstoff Shingrix untersucht, der auch in Deutschland empfohlen wird. Die Schutzwirkung zeigte sich dort mindestens ebenso stark wie beim älteren Lebendimpfstoff Zostavax.


Wie könnte eine Impfung gegen Gürtelrose das Demenzrisiko senken?

Die genaue Ursache des Zusammenhangs ist noch nicht vollständig geklärt. Eine führende Hypothese bezieht sich auf das Verhalten von Herpesviren im menschlichen Körper: Das Varizella-Zoster-Virus, das für Windpocken und später für Gürtelrose verantwortlich ist, verbleibt nach der Erstinfektion lebenslang in Nervenzellen. Bei Reaktivierungen – wie sie bei Gürtelrose vorkommen – kann es zu chronischen Entzündungen im Nervensystem kommen, die möglicherweise neurodegenerative Prozesse begünstigen.

Eine Impfung reduziert solche Reaktivierungen und könnte damit auch entzündungsbedingte Schädigungen im Gehirn verhindern oder verzögern. Diese Annahme passt zu anderen Studien, die Herpesviren generell als möglichen Risikofaktor für Demenz diskutieren.


Was sagen Expertinnen und Experten?

Führende Fachleute wie der Virologe Prof. Dr. Hartmut Hengel und die Demenzforscherin Prof. Dr. Christine von Arnim betonen, dass die Studien zwar nicht abschließend sind, aber erstmals eine kausale Beziehung zwischen Impfung und Demenzrisiko vermuten lassen. Dennoch mahnen sie zur Vorsicht: Menschen, die sich impfen lassen, sind oft allgemein gesundheitsbewusster – ein Effekt, der als „Healthy-User-Bias“ bekannt ist.

Doch auch dieser Faktor wurde in den Studien statistisch berücksichtigt. Die Forscher verglichen nicht nur Geimpfte und Ungeimpfte, sondern berücksichtigten gezielt Alter, Gesundheitszustand und sozioökonomische Daten.


Was müssen Sie bei der Gürtelrose-Impfung beachten?

In Deutschland empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) die Gürtelrose-Impfung mit dem Totimpfstoff Shingrix für alle Personen ab 60 Jahren – bei bestimmten Vorerkrankungen bereits ab 50 Jahren. Die Impfung besteht aus zwei Dosen im Abstand von zwei bis sechs Monaten und wird von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.

Wichtig zu wissen: Die Impfung kann eine Demenz nicht verhindern, sondern – sofern sich der Zusammenhang bestätigt – das Risiko nur vermutlich senken oder das Fortschreiten verzögern.


Fazit: Gürtelrose-Impfung als doppelter Gesundheitsschutz im Alter

Die aktuellen Studien liefern deutliche Hinweise: Die Gürtelrose-Impfung schützt nicht nur effektiv vor einer schmerzhaften Infektion, sondern könnte auch das Risiko einer Demenz senken – insbesondere bei Frauen. Während der zugrunde liegende Mechanismus weiter erforscht wird, bieten die bisherigen Erkenntnisse einen vielversprechenden Ausblick für die Prävention altersbedingter Erkrankungen.

Wenn Sie über 60 Jahre alt sind oder Risikofaktoren für Gürtelrose bzw. Demenz haben, bietet die Impfung mit Shingrix einen nachweislichen Schutz – und möglicherweise sogar einen kleinen Vorsprung im Kampf gegen das Vergessen.


Tipp für Ihre Gesundheit:

Sprechen Sie mit Ihrer Hausärztin oder Ihrem Hausarzt über die Gürtelrose-Impfung. Gerade im höheren Alter kann sie nicht nur Schmerzen vermeiden, sondern Ihnen auch helfen, geistig fit zu bleiben. Mehr Gesundheit – mit nur zwei Pieksern.

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