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Angriff auf Wikipedia – Wie die US-Politik das freie Wissen bedroht

Wikipedia als Hort freien Wissens

Wikipedia steht seit jeher für ein freies, gemeinschaftlich erarbeitetes und transparentes Wissensarchiv. Diese Offenheit und das Bestreben, faktenbasiertes Wissen ohne politische Einfärbung zu präsentieren, machen die Plattform zu einem wichtigen Pfeiler im digitalen Zeitalter. Gleichzeitig wird gerade diese Offenheit zunehmend zur Zielscheibe politischer Angriffe.

Juristischer Angriff: Gemeinnützigkeit unter Beschuss

Anfang Mai 2025 richtete der Trump-nahe US-Staatsanwalt Ed Martin ein offizielles Schreiben an die Wikimedia Foundation. In diesem Schreiben wird die Gemeinnützigkeit der Organisation in Zweifel gezogen. Martin wirft der Wikipedia vor, ein Ort für „ausländische Propaganda“ und „manipulierte Informationen“ zu sein. Die Foundation wurde aufgefordert, bis zum 15. Mai umfassende Angaben zu den redaktionellen Abläufen, Sicherheitssystemen und Maßnahmen gegen ausländische Einflussnahme zu liefern. Die Gemeinnützigkeit ist in den USA eng mit Steuervergünstigungen verknüpft – ein möglicher Entzug dieses Status könnte die finanzielle Stabilität der Wikimedia Foundation erheblich gefährden.

Hintergründe zu Ed Martin und dem politischen Kontext

Ed Martin, der als juristische Figur umstritten ist, trat zwischen 2016 und 2024 über 150 Mal in russischen Staatsmedien auf, verbreitete Verschwörungstheorien und äußerte öffentlich Zweifel am Wahlergebnis 2020. Trotz mangelnder juristischer Erfahrung wurde er im Januar 2025 von Trump zum interimistischen Staatsanwalt für den District of Columbia ernannt – ein politisch aufgeladener Posten, der weitreichende Befugnisse mit sich bringt. Diese Ernennung unterstreicht, wie politische Interessen manchmal über fachliche Qualifikationen gestellt werden und fordert zu einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Hintergrund solcher Entscheidungen auf.

Systematische Kampagne gegen die Wikipedia

Der Angriff von Ed Martin reiht sich in eine umfassendere Kampagne gegen die Wikipedia ein, die von Trump-nahen Kreisen unterstützt wird. Personen wie Elon Musk, der die Plattform als „zu links“ und „woke“ bezeichnet, sowie Organisationen wie die konservative Heritage Foundation, setzen gezielt Impulse, um das Vertrauen in die Neutralität der Wikipedia zu untergraben. Neben medienwirksamen öffentlichen Erklärungen wird auch versucht, finanziellen Druck auszuüben, indem Spenden zurückgehalten werden. Diese Strategie zielt darauf ab, die Stabilität der Plattform zu gefährden und kritische Stimmen im Internet zu unterdrücken.

Strenge Redaktion versus alternative Wahrheiten

Im Gegensatz zu sozialen Netzwerken wie Truth Social oder X, wo Inhalte oft ungefiltert verbreitet werden, basiert die Arbeitsweise der Wikipedia auf einem strengen, basisdemokratischen Prüfungsprozess. Freiwillige Autorinnen und Autoren legen besonderen Wert auf Fakten, Relevanz und Neutralität. Obwohl immer wieder eine geringe Diversität und vereinzelte Verzerrungen kritisiert werden, belegen Untersuchungen – auch aus konservativen Kreisen – lediglich einen „leichten bis moderaten“ politischen Einschlag. Diese internen Qualitätssicherungsmechanismen sind ein entscheidender Faktor, der die Wikipedia als unverfälschte Wissensquelle auszeichnet.

Wikipedia: Nicht perfekt, aber unverzichtbar

Auch wenn die Wikipedia nicht ohne Schwächen ist, bleibt sie eines der letzten freien Wissensprojekte im Internet. Die Herausforderungen, denen sich die Plattform gegenübersieht, verdeutlichen den zunehmenden Druck, den politische Akteure auf unabhängige Informationsquellen ausüben. Eine gezielte ideologische Beeinflussung ist durch die etablierten Prüfverfahren kaum haltbar. Vielmehr unterstreicht die Auseinandersetzung mit solchen Angriffen die Notwendigkeit, das freie Wissen und die Unabhängigkeit der Wikipedia zu verteidigen – als Bollwerk gegen Desinformation und alternative Wahrheiten.

Fazit: Eine Plattform unter politischem Druck

Der Angriff auf die Wikimedia Foundation zeigt, wie fragile freie Wissensprojekte in einer polarisierten politischen Landschaft sein können. Was zunächst als juristischer Streit erscheint, entpuppt sich zunehmend als politisch motivierter Versuch, kritische Plattformen zu diskreditieren und zu destabilisieren. Es liegt an uns allen, sich für den Erhalt und die Weiterentwicklung unabhängiger, faktenbasierter Informationsquellen einzusetzen. Nur so können wir gewährleisten, dass das freie Wissen auch zukünftig vor politischer Instrumentalisierung geschützt bleibt.

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