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EU plant Abschwächung der Fluggastrechte – Urlauber müssen sich auf längere Wartezeiten einstellen

Die Osterferien stehen vor der Tür, und mit ihnen beginnt die große Reisesaison 2024. Doch wer in diesem Jahr den Flieger nehmen möchte, sollte sich auf eine böse Überraschung gefasst machen: Die Europäische Union arbeitet an einer Reform, die einen zentralen Pfeiler des Verbraucherschutzes im Luftverkehr erheblich schwächen könnte.

Vom drei- zum zwölfstündigen Wartemarathon

Bisher galt eine klare Regel: Fluggesellschaften mussten Passagieren eine Entschädigung von bis zu 600 Euro zahlen, wenn ihr Flug mehr als drei Stunden Verspätung hatte. Diese bewährte Schutzvorschrift will die EU-Kommission nun kippen. Der neue Entwurf sieht vor, dass Entschädigungen erst fällig werden, wenn sich der Flug um mehr als zwölf Stunden verspätet – eine Vervierfachung der bisherigen Wartefrist.

Für Urlauber bedeutet das konkret:

  • Verpasste Anschlussflüge ohne Kompensation
  • Ungeplante Hotelübernachtungen auf eigene Kosten
  • Zusätzlicher Stress durch längere Wartezeiten am Flughafen

„Das ist ein Frontalangriff auf die Rechte der Verbraucher“, warnt Claudia Globisch vom Europäischen Verbraucherzentrum. „Aus einer handfesten Entschädigung wird so eine wirkungslose Alibiregelung.“

Warum die EU an der Bremse dreht

Hinter der umstrittenen Reform steckt eine Allianz aus skandinavischen Ländern und angeschlagenen Airlines. Vorreiter war die dänische Fluggesellschaft SAS, die trotz staatlicher Rettungsmilliarden weiter rote Zahlen schreibt. Ihr Argument: Die aktuelle Regelung belaste die Unternehmen zu stark.

Doch Verbraucherschützer sehen andere Motive: „Hier geht es um eine reine Kostensenkung auf dem Rücken der Kunden“, so Markus Balser von der Stiftung Warentest. „Die Airlines sparen sich Millionen – und die Passagiere sitzen im wahrsten Sinne des Wortes die zusätzlichen Stunden ab.“

Paradoxe Folgen für Klima und Service

Besonders absurd: Die Reform könnte sogar umweltschädliche Effekte haben. Die aktuelle Drei-Stunden-Regel wirkt nämlich wie ein wichtiger Anreiz für pünktliche Flüge.

„Fluggesellschaften optimieren ihre Abläufe, weil Verspätungen teuer werden“, erklärt Luftfahrtexperte Dr. Thomas Birker. „Fällt dieser Druck weg, dürften sich Verspätungen häufen – mit allen Folgen wie zusätzlichen Leerflügen und höherem Kerosinverbrauch.“

Was Reisende jetzt wissen müssen

  • Übergangsfrist nutzen: Für alle Flüge bis zur endgültigen Beschlussfassung gilt noch die alte Drei-Stunden-Regel. Ansprüche sollten umgehend über Portale wie Flightright geltend gemacht werden.
  • Versicherungen checken: Viele Reiseversicherungen decken Verspätungskosten bereits ab fünf Stunden. Jetzt ist der perfekte Zeitpunkt, den eigenen Schutz zu überprüfen.
  • Politisch aktiv werden: Mehrere Verbraucherorganisationen haben Petitionen gegen die Reform gestartet. Eine breite öffentliche Debatte könnte noch Gegenwind erzeugen.

Während die EU-Kommission auf Bürokratieabbau pocht, stehen Urlauber vor ungewissen Zeiten. Eins steht fest: Die goldene Ära des Fluggastschutzes in Europa neigt sich dem Ende zu – es sei denn, der öffentliche Widerstand wächst.

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