Der vergessene Blutwert: Warum Lp(a) über Ihr Herzrisiko entscheidet
Wenn es um Herzgesundheit geht, denken die meisten Menschen sofort an Cholesterin, Blutzucker oder Blutdruck. Diese Werte gelten seit Jahrzehnten als zentrale Faktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Doch es gibt noch einen weiteren Blutwert, der bislang viel zu wenig Beachtung findet – obwohl er das Risiko für Herzinfarkt oder Schlaganfall maßgeblich beeinflussen kann: Lipoprotein(a), kurz Lp(a).
Was steckt hinter Lp(a)?
Lp(a) ist ein spezielles Lipoprotein, das dem bekannten LDL-Cholesterin („schlechtes Cholesterin“) ähnelt, jedoch zusätzlich ein Eiweiß namens Apolipoprotein(a) enthält. Genau diese Kombination macht es so gefährlich:
- Entzündungsfördernd: Lp(a) kann chronische Entzündungen in den Gefäßwänden anstoßen.
- Gefäßverkalkung: Es beschleunigt die Bildung von Ablagerungen (Plaques) in den Arterien.
- Thrombose-Risiko: Durch seine besondere Struktur begünstigt es die Bildung von Blutgerinnseln.
Das Tückische daran: Der Lp(a)-Wert ist stark genetisch bestimmt und verändert sich im Laufe des Lebens kaum. Er steigt nicht durch Ernährung oder Lebensstil an und verursacht keinerlei Symptome – bis es plötzlich zu einem Ereignis wie Herzinfarkt oder Schlaganfall kommt. Daher wissen die meisten Menschen nicht, ob sie ein erhöhtes Risiko tragen.
Warum ein Test sinnvoll ist
Eine erhöhte Konzentration von Lp(a) im Blut gilt mittlerweile als unabhängiger Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Weltweit haben etwa ein Fünftel der Bevölkerung auffällig hohe Werte.
Eine große Untersuchung in Australien und Österreich, bei der rund 10.000 Menschen im Alter zwischen 40 und 69 Jahren getestet wurden, hat den Nutzen deutlich gemacht:
- 18 % der Teilnehmer wiesen erhöhte Lp(a)-Werte auf.
- Bei diesen Personen wurde die Therapie angepasst: strengere Kontrolle von LDL-Cholesterin und Blutdruck.
- Ergebnis: 60 weniger Herzinfarkte, 13 weniger Schlaganfälle und 26 verhinderte Todesfälle innerhalb des Beobachtungszeitraums.
Diese Daten verdeutlichen: Ein einmaliger Test im Leben kann lebensrettend sein.
Wer sollte besonders auf den Wert achten?
Die Deutsche Herzstiftung und auch die Europäische Gesellschaft für Kardiologie (ESC) empfehlen, dass jeder Erwachsene mindestens einmal im Leben den Lp(a)-Wert bestimmen lassen sollte. Besonders sinnvoll ist der Test bei Menschen, die:
- nahe Angehörige mit Herzinfarkt oder Schlaganfall in vergleichsweise jungem Alter haben,
- selbst vor dem 60. Lebensjahr Gefäßprobleme entwickelt haben,
- unter Fettstoffwechselstörungen leiden,
- trotz konsequenter Behandlung dauerhaft erhöhte LDL-Werte zeigen.
Was tun, wenn der Wert hoch ist?
Das Entscheidende: Den Lp(a)-Spiegel selbst können Sie kaum durch Ernährung oder Lebensstil senken. Medikamente, die direkt auf Lp(a) wirken, befinden sich zwar in klinischer Entwicklung (z. B. sogenannte RNA-basierte Therapien), sind jedoch noch nicht allgemein verfügbar.
Dennoch gibt es wirksame Strategien, um das Gesamtrisiko zu reduzieren:
- Rauchstopp – der größte beeinflussbare Faktor.
- Konsequente Kontrolle von Blutdruck, Blutzucker und LDL-Cholesterin.
- Regelmäßige Bewegung – am besten mindestens 150 Minuten moderates Training pro Woche.
- Herzgesunde Ernährung – ballaststoffreich, fettarm, viel Gemüse, wenig Zucker und rotes Fleisch.
- Normalgewicht halten – Übergewicht verschärft das Risiko zusätzlich.
Mit diesen Maßnahmen lässt sich das Gesamtrisiko trotz hoher Lp(a)-Werte deutlich senken.
Fazit
Lp(a) ist ein „stiller Risikofaktor“, der lange unentdeckt bleibt – und gerade deshalb so gefährlich ist. Da der Wert genetisch festgelegt ist, genügt ein einmaliger Bluttest im Leben, um Gewissheit zu haben.
Die Kenntnis des eigenen Lp(a)-Spiegels ermöglicht es, frühzeitig gegenzusteuern, andere Risikofaktoren konsequent zu behandeln und so das persönliche Herz-Kreislauf-Risiko deutlich zu reduzieren.
Wer sein Risiko kennt, kann sein Leben aktiv schützen – und im besten Fall verlängern.

