Generation Z: Hauptsache, reich? Hintergründe zum neuen Kult ums Kapital
Die Generation Z – also die heute etwa 13- bis 28-Jährigen – steht immer wieder im Fokus öffentlicher Diskussionen. Häufig wird ihr unterstellt, besonders geldfixiert zu sein. Überschriften wie „Hauptsache, reich – woher die neue Fixierung auf Kapital und Luxus kommt“ befeuern das Bild einer Generation, für die Reichtum und Status zentrale Lebensziele geworden seien. Doch wie stichhaltig ist diese Behauptung? Eine differenzierte Analyse auf Grundlage aktueller Studien, Experteneinschätzungen und gesellschaftlicher Entwicklungen gibt Aufschluss.
Was sagen Studien und Expertinnen und Experten?
Geld als zentrales Thema – aber warum?
Laut einer YouGov-Umfrage geben 44 % der Angehörigen der Generation Z an, sie seien „besessen davon, reich zu werden“. Diese Zahl unterstreicht einen signifikanten Fokus auf finanziellen Wohlstand – doch sie muss im Kontext verstanden werden.
Die Unternehmensberatung McKinsey zeigt in ihren Analysen, dass finanzielle Unabhängigkeit für die Gen Z ein zentrales Ziel ist. Diese Generation engagiert sich häufiger in Aktieninvestments, Kryptowährungen und sogenannten „Side Hustles“, also Nebentätigkeiten zur Einkommensdiversifikation. Das unterscheidet sie von früheren Generationen, die stärker auf traditionelle Erwerbsbiografien setzten.
Das Pew Research Center sieht die Hauptursachen für diese Entwicklung in wirtschaftlicher Unsicherheit sowie im Einfluss digitaler Plattformen. Geld wird zunehmend als notwendiges Mittel zur Selbstverwirklichung und Absicherung in einer unvorhersehbaren Welt verstanden – nicht (nur) als Symbol für Status.
Luxus: Zwischen Statussymbol und Werteausdruck
Eine Untersuchung von Deloitte beschreibt die Haltung der Generation Z gegenüber Luxus als ambivalent. Während ein Teil der jungen Menschen Luxusartikel zur Selbstdarstellung nutzt – etwa durch Markenbekleidung, Designertaschen oder technologische Prestigeobjekte – versteht ein wachsender Anteil Luxus zunehmend als Ausdruck von Authentizität, Nachhaltigkeit und Individualität. Der Trend zum „Quiet Luxury“, also dezentem, werteorientiertem Konsum, ist hierfür exemplarisch.
Die Harvard Business Review ergänzt, dass es der Generation Z dabei nicht vorrangig um Materialismus gehe, sondern um Kontrolle über das eigene Leben. Geld wird eher als Instrument zur Erlangung von Freiheit und Autonomie gesehen denn als Selbstzweck.
Woher kommt der neue Kult ums Geld?
Einflussfaktoren im Überblick
- Soziale Medien: Plattformen wie Instagram, TikTok und YouTube transportieren täglich Bilder von Luxus, Erfolg und „perfekten“ Lebensentwürfen. Der permanente Vergleich mit Gleichaltrigen oder Influencerinnen und Influencern erzeugt Druck und wirkt als Verstärker für den Wunsch nach Wohlstand.
- Wirtschaftliche Rahmenbedingungen: Steigende Lebenshaltungskosten, unsichere Arbeitsmärkte, die Angst vor Altersarmut und globale Krisen – vom Klimawandel bis zur Pandemie – haben die Generation Z in einem Klima ständiger Unsicherheit sozialisiert. Finanzielle Sicherheit erscheint vielen als einzige Möglichkeit, Kontrolle über das eigene Leben zu gewinnen.
- Veränderte Lebensentwürfe: Traditionelle Karriereleitern und stabile Erwerbsbiografien haben an Attraktivität verloren. Stattdessen setzen viele junge Menschen auf unternehmerisches Denken, digitale Selbstvermarktung und alternative Lebensmodelle – wofür finanzielle Ressourcen essenziell sind.
Bestätigung oder Widerlegung der These?
Die zugespitzte These, die Generation Z „bete zum Geld“, greift zwar zu kurz – lässt sich jedoch nicht völlig entkräften. Zahlreiche Studien belegen:
- Starkes Streben nach finanziellem Erfolg: Ein Großteil der Gen Z verfolgt aktiv Strategien zur Vermögensbildung, sei es durch Investitionen, eigene Projekte oder digitale Nebeneinkünfte.
- Luxus als facettenreicher Identitätsmarker: Luxus dient nicht nur der Selbstdarstellung, sondern auch dem Ausdruck von Zugehörigkeit, Werten und Lebenshaltung – mitunter auch im Sinne von bewusstem, nachhaltigem Konsum.
- Geld als Schlüssel zur Selbstbestimmung: Die starke Orientierung an Kapital kann auch als Reaktion auf gesellschaftliche Unsicherheiten gelesen werden – und weniger als Ausdruck reiner Gier.
Gleichzeitig darf nicht übersehen werden, dass innerhalb der Generation Z große Unterschiede bestehen. Während manche dem Luxus frönen, setzen andere auf Minimalismus, ethischen Konsum und finanzielle Achtsamkeit.
Fazit: Mythos oder Realität?
Die Generation Z lässt sich nicht auf ein eindimensionales Bild der „geldgierigen Jugend“ reduzieren. Ihre starke Beschäftigung mit Geld und Kapital spiegelt vor allem den Wunsch nach Sicherheit, Unabhängigkeit und Kontrolle in einer unsicheren Welt wider. Reichtum wird nicht um seiner selbst willen angestrebt, sondern als Mittel zu einem selbstbestimmten Leben verstanden.
Der sogenannte „neue Kult ums Kapital“ ist damit weniger Ausdruck eines oberflächlichen Materialismus als vielmehr das Ergebnis tiefgreifender gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und technologischer Veränderungen. Geld und Luxus sind zentrale Themen – ja. Aber sie werden von der Generation Z neu verhandelt: als Ausdruck von Werten, als Werkzeug zur Freiheit – und als Reaktion auf eine Welt im Wandel.

