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Fibre-Maxxing – Trend oder Risiko? Was steck hinter dem Ballaststoff-Hype?

In den sozialen Medien taucht er immer häufiger auf: der Trend „Fibre-Maxxing“ – das bewusste Ziel, so viele Ballaststoffe wie möglich in den täglichen Speiseplan zu integrieren. Unter einschlägigen Hashtags präsentieren Influencer Smoothies mit Haferkleie, Bowls voller Chiasamen und aufwendig inszenierte „High Fibre Meals“. Die Versprechen klingen verlockend: weniger Hunger, schneller abnehmen, eine gesündere Darmflora und sogar ein gestärktes Immunsystem.

Doch wie bei vielen Ernährungstrends lohnt es sich, genauer hinzuschauen. Ballaststoffe sind zweifellos gesund – aber nur, wenn sie in der richtigen Menge aufgenommen werden. Übertreibung kann nicht nur den positiven Effekt schmälern, sondern dem Körper sogar schaden.


Was Ballaststoffe leisten – und warum wir sie brauchen

Ballaststoffe sind unverdauliche Bestandteile pflanzlicher Lebensmittel. Sie finden sich vor allem in Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten, Gemüse, Obst, Nüssen und Samen. Obwohl sie nicht direkt in Energie umgewandelt werden, sind ihre positiven Effekte wissenschaftlich gut belegt:

  • Förderung der Verdauung durch Anregung der Darmtätigkeit
  • Längere Sättigung und damit weniger Zwischenhunger
  • Stabilisierung des Blutzuckerspiegels
  • Unterstützung einer gesunden Darmflora, was indirekt auch das Immunsystem stärkt
  • Senkung des Cholesterinspiegels

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt Erwachsenen, täglich mindestens 30 g Ballaststoffe aufzunehmen. In Deutschland liegt der Durchschnitt jedoch nur bei etwa 20 g pro Tag – also deutlich darunter.


Ab wann wird es zu viel?

Ernährungsexperten sind sich einig: Wer dauerhaft deutlich über 60 g Ballaststoffe pro Tag zu sich nimmt, riskiert Beschwerden – vor allem, wenn zu wenig Flüssigkeit getrunken oder die Ernährungsumstellung zu abrupt vollzogen wird.

Mögliche Nebenwirkungen einer übermäßigen Zufuhr:

  • Blähungen und Bauchschmerzen
  • Verstopfung (bei unzureichender Flüssigkeitszufuhr)
  • Nährstoffmängel, da Ballaststoffe Mineralstoffe binden können
  • Beeinträchtigte Aufnahme bestimmter Medikamente

Der wichtigste Partner: Wasser

Ballaststoffe quellen im Darm auf – ein Effekt, der für die Verdauung förderlich ist. Aber: Ohne ausreichende Flüssigkeit staut sich die Masse im Darm, was zu Schmerzen oder Verstopfung führen kann.

Faustregel:
Zu jeder ballaststoffreichen Mahlzeit mindestens ein Glas Wasser trinken und über den Tag verteilt insgesamt 1,5–2 Liter Flüssigkeit aufnehmen.


Wann Vorsicht geboten ist

Nicht jeder verträgt Ballaststoffe in großen Mengen. Vorsicht ist geboten bei:

  • Chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (z. B. Morbus Crohn, Colitis ulcerosa)
  • Zustand nach Magen-Darm-Operationen
  • Bestimmten Unverträglichkeiten, bei denen Enzyme fehlen
  • Einnahme bestimmter Medikamente (z. B. Schilddrüsenhormone, Schmerzmittel, Cholesterinsenker), da Ballaststoffe deren Aufnahme verzögern können

In diesen Fällen sollte die Ernährung mit einem Arzt oder einer qualifizierten Ernährungsfachkraft abgestimmt werden.


Der Social-Media-Effekt: Zwischen Aufklärung und Übertreibung

Plattformen wie Instagram und TikTok haben den Begriff „Fibre-Maxxing“ populär gemacht. Das hat zwei Seiten:

Positiv: Viele jüngere Menschen werden dadurch erstmals auf Ballaststoffe aufmerksam – eine Bevölkerungsgruppe, die häufig zu wenig davon isst.

Negativ: Influencer präsentieren oft extreme Mengen, ohne Risiken zu erwähnen. Problematisch wird es, wenn Ballaststoffe gezielt eingesetzt werden, um Kalorien zu sparen – etwa durch den Ersatz nährstoffreicher Lebensmittel. Das kann zu Unterversorgung und im Extremfall zu Essstörungen führen.


So stellen Sie Ihre Ernährung richtig um

Gerade wenn Sie bisher ballaststoffarm gegessen haben, ist eine langsame Steigerung entscheidend, um Magen-Darm-Beschwerden zu vermeiden.

Drei bewährte Schritte:

  1. Ersetzen – Weißbrot durch Vollkornbrot, weiße Pasta durch Vollkornnudeln, polierten Reis durch Naturreis.
  2. Ergänzen – Obst, Gemüse, Nüsse, Samen oder Haferflocken gezielt in Mahlzeiten integrieren.
  3. Experimentieren – Lebensmittel mit besonders hohem Ballaststoffgehalt aus Tabellen auswählen und Neues ausprobieren.

Tipp: Beginnen Sie mit leicht verdaulichen, löslichen Ballaststoffen (z. B. Äpfel, Karotten, Hafer) und steigern Sie den Anteil faserreicher Sorten (z. B. Hülsenfrüchte, Kohlgemüse) Schritt für Schritt. Gründliches Kauen und regelmäßige Bewegung unterstützen zusätzlich die Verdauung.


Ballaststoffe und Gewichtsmanagement

Richtig eingesetzt, können Ballaststoffe beim Abnehmen helfen, da sie:

  • Sättigung fördern
  • Heißhunger reduzieren
  • Den Blutzuckerspiegel stabil halten

Aber: Eine Gewichtsabnahme funktioniert nur bei negativer Energiebilanz. Wer zu einer kalorienreichen Ernährung einfach mehr Ballaststoffe hinzufügt, wird nicht automatisch Gewicht verlieren.


Fazit: Maßvoll ist optimal

  • Für gesunde Erwachsene sind 30–40 g Ballaststoffe pro Tag ideal.
  • Risiken entstehen bei extrem hohen Mengen (> 60 g), zu schneller Umstellung oder unzureichender Flüssigkeitsaufnahme.
  • Gesundheitliche Besonderheiten und Medikamente müssen individuell berücksichtigt werden.
  • Hören Sie auf die Signale Ihres Körpers und steigern Sie die Zufuhr langsam.

Kurz gesagt: Ballaststoffe sind ein unverzichtbarer Bestandteil einer gesunden Ernährung. Der Social-Media-Trend „Fibre-Maxxing“ zeigt zwar das Potenzial einer ballaststoffreichen Kost – doch in seiner extremen Form kann er mehr schaden als nützen.

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