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Zecken-Gefahr längst ganzjährig: Experten fordern Ausweitung der FSME-Risikogebiete

Von FSME-Infektionen im Winter bis zur Impfempfehlung: Was Sie über Zecken wissen müssen.


Aktuelle Lage: Zecken aktiv – auch im Winter

Zecken sind längst nicht mehr nur im Sommer ein Risiko. „Zecken gibt es inzwischen überall in Deutschland, und sie sind ganzjährig aktiv“, betont Gerhard Dobler, Leiter des Nationalen Konsiliarlabors für Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) am Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr. Bereits im Winter 2023/24 wurden erste FSME-Fälle in Baden-Württemberg, Bayern und Sachsen gemeldet. Da zwischen Infektion und Krankheitsausbruch etwa drei Wochen liegen, müssen die Übertragungen mitten in der kalten Jahreszeit stattgefunden haben.

Hintergrund FSME:
Die durch Zecken übertragene Viruserkrankung kann zu Hirnhaut-, Gehirn- oder Rückenmarksentzündungen führen. Bei 99 % der Erkrankten fehlte laut Robert Koch-Institut (RKI) ein vollständiger Impfschutz.


Expertenforderung: Ganz Deutschland als Risikogebiet

Dobler plädiert dafür, ganz Deutschland offiziell zum FSME-Risikogebiet zu erklären. Bisher gelten vor allem Süddeutschland (Bayern, Baden-Württemberg), Teile Sachsens, Thüringens und Brandenburgs sowie einzelne Regionen in Mittelhessen, Rheinland-Pfalz und Niedersachsen als Risikozonen. Doblers Vorschlag: Bestehende Gebiete als „Hochrisikogebiete“ kennzeichnen, um die Gefahr differenzierter darzustellen.

Impfquote zu niedrig:
Nur 19 % der Bevölkerung sind bundesweit gegen FSME geimpft – dabei liegt die Effektivität der Impfung bei über 97 %. Dobler und das RKI raten dringend zur Grundimmunisierung (drei Dosen) und regelmäßiger Auffrischung (alle 3–5 Jahre).


Fallzahlen: Langfristiger Anstieg trotz Schwankungen

  • 2023: 686 FSME-Fälle in Deutschland (nach 718 Fällen im Rekordjahr 2020).
  • Baden-Württemberg: 226 schwere Fälle im Jahr 2023.
  • Trend: Seit 2017 steigen die Zahlen kontinuierlich, wobei pandemiebedingte Naturaktivitäten 2020 einen Peak erklären.

Prognose:
Laut Ute Mackenstedt (Parasitologin, Uni Hohenheim) könnte 2024 ein leichter Rückgang folgen, da FSME-Zahlen oft einem zweijährigen Zyklus unterliegen. Langfristig sei jedoch mit weiterem Anstieg zu rechnen – auch aufgrund milder Winter und veränderter Freizeitgewohnheiten.


Schutzmaßnahmen: So minimieren Sie das Risiko

  1. Impfung: Beste Prävention gegen FSME. Ideal: Grundimmunisierung im Winter abschließen.
  2. Kleidung: Geschlossene Schuhe, lange Hosen (in Socken stecken), helle Farben (Zecken sichtbarer).
  3. Absuchen: Nach Aufenthalten im Grünen Körper gründlich untersuchen – besonders Kniekehlen, Leiste, Achseln.
  4. Zecken entfernen:
    • Mit Pinzette oder Zeckenkarte nah an der Haut ansetzen.
    • Langsam und gerade herausziehen (nicht drehen!).
    • Desinfizieren und Einstichstelle beobachten.
  5. Achtung bei Symptomen: Bei Fieber, Kopfschmerzen oder Lähmungen nach Zeckenstich umgehend Arzt aufsuchen.

Warum Zecken immer gefährlicher werden

  • Klimawandel: Milde Winter verlängern die Aktivitätsphase der Zecken.
  • Ausbreitung: Neue Zeckenarten wie die Hyalomma-Zecke (überträgt u. a. Krim-Kongo-Fieber) wandern ein.
  • Urbanisierung: Zecken dringen vermehrt in Gärten und städtische Grünflächen vor.

Fazit: Impfung und Wachsamkeit entscheidend

Während Sprays oder Kleidung keinen 100%igen Schutz bieten, bleibt die FSME-Impfung die effektivste Maßnahme. Angesichts der Ausbreitung der Zecken plädieren Experten für eine bundesweite Impfempfehlung – unabhängig vom Wohnort. Dobler warnt: „Es ist in ganz Deutschland möglich, sich mit FSME zu infizieren.“

Hinweis: Neben FSME übertragen Zecken auch Borreliose (bakteriell, keine Impfung möglich). Bei Rötung um den Stich oder Grippesymptomen ärztlichen Rat einholen.

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