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Warnung vor gefährlichem Saatgut in deutschen Briefkästen

Immer wieder landen in deutschen Briefkästen kleine Sendungen mit Saatgut, häufig als „Ohrschmuck“, „Grußkarten“ oder „Deko“ deklariert. Die Behörden raten klar: Nicht aussäen, nicht in die Biotonne – und möglichst melden. Hintergrund sind Risiken für Pflanzengesundheit, Landwirtschaft und Biodiversität. Das Julius Kühn-Institut (JKI) bestätigt aktuell eine Häufung solcher Fälle und nennt konkrete Handlungsempfehlungen.

Warum das problematisch ist

Mit unkontrolliert eingeführtem Saatgut können invasive Arten, Pflanzenschädlinge oder Pflanzenkrankheiten eingeschleppt werden. Die EU-Pflanzengesundheitsregeln verlangen deshalb bei Einfuhren aus Nicht-EU-Ländern in der Regel ein Pflanzengesundheitszeugnis (PGZ) – genau das fehlt bei den fraglichen Sendungen meist.

So groß ist das Problem – Zahlen und Einordnung

  • 2025: Am Flughafen Frankfurt (mit internationalem DHL-Postzentrum) entdeckte die Pflanzengesundheitsinspektion bis Anfang Juni rund 65.000 solche Saatgut-Sendungen, überwiegend ohne PGZ und häufig falsch deklariert. Hessen ist wegen des Drehkreuzes besonders betroffen; andere Bundesländer sind kaum betroffen.
  • 2020: Bereits zu Beginn des Phänomens wurden laut Berichten unter Bezug auf das Regierungspräsidium Gießen über 126.000 Sendungen festgestellt (meist aus China). Diese Zahl stammt aus der damaligen Lage am Postdrehkreuz Frankfurt und verdeutlicht die Dimension.

Was steckt hinter den Päckchen?

In vielen Fällen handelt es sich um einen „Brushing“-Betrug: Extrem günstige Artikel werden wahllos verschickt, um anschließend Fake-Bewertungen zu platzieren. Das ändert nichts am phytosanitären Risiko der Inhalte. Verbraucherzentralen erklären das Muster und raten, eigene Online-Konten im Blick zu behalten.

Rechtlicher Rahmen – kurz und klar

  • Für Pflanzen, Pflanzenerzeugnisse und Saatgut aus Nicht-EU-Ländern ist in der Regel ein PGZ vorgeschrieben; die Einfuhr erfolgt über registrierte Betriebe und das EU-System TRACES. Privatimporte „per Päckchen“ ohne PGZ sind unzulässig.
  • Die Pflicht beruht auf der EU-Verordnung (EU) 2016/2031 und zugehörigen Durchführungsregeln; nationale Stellen (u. a. Zoll, Pflanzenschutzdienste) setzen sie um und informieren Reisende und Käufer.

Wichtig zur Kennzeichnung: Ein allgemeines Label „EU-Saatgut“ ist keine offizielle Verbraucherkennzeichnung, die die Unbedenklichkeit importierter Ware garantiert. Achten Sie stattdessen darauf, bei Anbietern mit Sitz in der EU zu kaufen und keine Direktimporte aus Drittstaaten ohne PGZ zu veranlassen. (Für bestimmte Samen besteht zudem Pflanzenpasspflicht im EU-Binnenhandel – v. a. zwischen Betrieben.)

Offizielle Empfehlungen – so handeln Sie richtig

  1. Nicht aussäen. Öffnen und verteilen Sie das Saatgut nicht.
  2. Richtig entsorgen: In den Restmüll (Hausmüll)nicht in die Biotonne oder den Kompost, um eine Verbreitung zu verhindern. Verpackung möglichst verschlossen entsorgen.
  3. Melden: Informieren Sie den zuständigen Pflanzenschutzdienst Ihres Bundeslandes (z. B. in Hessen das Regierungspräsidium Gießen; Kontakte verlinkt beim JKI). Bewahren Sie bei einer Meldung Foto/Absenderangaben auf.
  4. Online-Kauf vermeiden: Bestellen Sie kein Saatgut aus Nicht-EU-Ländern, wenn nicht eindeutig ersichtlich ist, dass PGZ/EU-Vorgaben eingehalten werden.
  5. Schon ausgesät? Entfernen Sie die Pflanzen samt Wurzelballen, packen Sie alles (inkl. Substrat) in einen verschlossenen Beutel und geben Sie es in den Restmüll; Geräte reinigen. Melden Sie den Vorfall dem Pflanzenschutzdienst. (Ableitung aus den JKI-Entsorgungshinweisen.)

Häufige Fragen – kurze Antworten

  • Ist das eine gezielte Sabotage? Meist nein – typischerweise ein Brushing-Betrug. Das Risiko für Pflanzengesundheit besteht trotzdem.
  • Warum vor allem Frankfurt? Wegen Flughafen und internationalem Postzentrum läuft dort besonders viel Drittlands-Post um; entsprechende Kontrollen finden hier gehäuft statt
  • Welche Stellen warnen offiziell? Federführend informieren JKI und die Pflanzenschutzdienste der Länder; zusätzlich weisen Zoll/BMEL auf Einfuhrpflichten hin. (Eine spezifische, eigene BVL-Warnung zu unbestellten Saatgutsendungen ist aktuell nicht maßgeblich; das BVL listet u. a. die amtlichen Auskunftsstellen der Länder.)

Fazit

Unbestellte Saatgutsendungen sind keine harmlose Überraschung. Auch wenn häufig „nur“ eine Betrugsmasche dahintersteckt, können die Inhalte ernste Schäden anrichten. Sie handeln richtig, wenn Sie das Saatgut nicht aussäen, im Restmüll entsorgen und Vorfälle den Pflanzenschutzdiensten melden. So schützen Sie Garten, Landwirtschaft und Natur.

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