Blutdruckwerte im Alter: Empfehlungen, Hintergründe & praktische Tipps
Einleitung
Für viele ältere Menschen gehört die tägliche Blutdruckkontrolle zur Routine – und das nicht ohne Grund: Bluthochdruck (Hypertonie) gilt nach wie vor als einer der bedeutendsten Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall oder Herzschwäche. Doch während bei jüngeren Erwachsenen klare Normwerte gelten, stellt sich im Alter häufig die Frage: Was ist eigentlich „normal“?
Dieser Beitrag beleuchtet, wie sich Blutdruckwerte im Alter verändern, welche Zielbereiche laut medizinischer Leitlinien als sinnvoll gelten – und warum zu niedriger Blutdruck im Alter gefährlicher sein kann als leicht erhöhte Werte. Darüber hinaus erhalten Sie konkrete Tipps zur richtigen Blutdruckmessung und zur sicheren Kontrolle Ihrer Werte.
1. Welche Blutdruckwerte gelten im Alter als normal?
1.1. Allgemeine Richtwerte laut Fachgesellschaften
Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK) und die Deutsche Hochdruckliga (DHL) geben folgende Blutdruckklassifikationen für Erwachsene vor:
| Kategorie | Systolisch (mmHg) | Diastolisch (mmHg) |
|---|---|---|
| Optimal | <120 | <80 |
| Normal | 120–129 | 80–84 |
| Hochnormal | 130–139 | 85–89 |
| Hypertonie (Stufe 1) | ≥140 | ≥90 |
Diese Werte gelten zunächst altersunabhängig. Doch ab dem 60. Lebensjahr treten physiologische Veränderungen auf, die eine differenzierte Betrachtung erfordern.
1.2. Spezifische Empfehlungen für ältere Menschen
Warum höhere Zielwerte bei älteren Menschen?
Mit zunehmendem Alter verliert das Gefäßsystem an Elastizität. Dadurch steigt der arterielle Widerstand, was zu leicht erhöhten systolischen Werten führen kann – ohne unmittelbare Gesundheitsgefahr.
Leitlinien-Empfehlungen im Überblick:
- Senioren ab ca. 60 Jahren:
- Zielwert systolisch: zwischen 140 und 150 mmHg
- Diastolisch: nicht unter 70 mmHg, um eine ausreichende Durchblutung zu gewährleisten
- Hochaltrige ab 80 Jahren:
- Systolischer Zielbereich: 130–159 mmHg
- Werte unter 130 mmHg sollten nur bei guter Verträglichkeit angestrebt werden
Wichtig: Zielwerte dienen der Orientierung, nicht als starre Vorgaben. Die individuelle gesundheitliche Situation, etwa das Vorliegen von Diabetes, Nierenerkrankungen oder Gangunsicherheit, muss bei der Behandlung stets berücksichtigt werden.
2. Warum weichen Blutdruckziele im Alter ab?
2.1. Altersbedingte Veränderungen
- Gefäßsteifigkeit: Altersbedingte Einlagerungen in die Gefäßwände („Arteriosklerose“) führen zu steifer werdenden Arterien – dadurch steigt der systolische Druck.
- Komorbiditäten: Erkrankungen wie Diabetes, chronische Niereninsuffizienz oder Demenz erfordern individuelle Blutdruckziele.
- Risiken durch zu niedrige Werte: Ein übermäßig gesenkter Blutdruck kann bei älteren Menschen zu Schwindel, Ohnmacht oder Stürzen führen – mit erheblichen Folgen.
- Verminderte Kreislaufregulation: Der Organismus älterer Menschen reagiert oft verzögert oder unflexibel auf Blutdruckschwankungen.
2.2. Geschlechtsspezifische Unterschiede im Alter
Während Männer im mittleren Lebensalter tendenziell höhere Blutdruckwerte aufweisen als Frauen, gleichen sich diese Unterschiede mit steigendem Alter an. Im hohen Alter (>75 Jahre) sind geschlechtsabhängige Differenzen oft nicht mehr klinisch relevant.
3. Häufige Fehler bei der Blutdruckmessung zu Hause
Selbstmessungen liefern wertvolle Informationen – sofern sie korrekt durchgeführt werden. Die häufigsten Fehlerquellen:
- Falsche Manschettengröße: Eine zu kleine Manschette zeigt fälschlich erhöhte, eine zu große zu niedrige Werte.
- Körperliche Unruhe: Messungen sollten nach mindestens 5 Minuten Ruhe erfolgen – nicht direkt nach dem Aufstehen, Treppensteigen oder emotionaler Aufregung.
- Sprechen, Rauchen, Kaffee oder volle Blase: Alle diese Faktoren können die Werte signifikant verfälschen.
- Falscher Zeitpunkt: Messen Sie immer zur gleichen Tageszeit, idealerweise morgens vor dem Frühstück und vor der Einnahme blutdrucksenkender Medikamente.
- Körperhaltung: Der Messarm sollte auf Herzhöhe gelagert sein, der Rücken angelehnt, beide Füße fest auf dem Boden.
4. Blutdruckkontrolle: Empfehlungen für Seniorinnen und Senioren
4.1. Medizinische Betreuung ist unerlässlich
- Nie eigenmächtig Medikamente anpassen oder absetzen.
- Zielwerte sollten mit Ihrem Arzt individuell vereinbart werden – abhängig von:
- Lebensalter
- Begleiterkrankungen
- körperlicher und geistiger Leistungsfähigkeit
- Sturz- oder Schwindelneigung
4.2. Lebensstil als Grundlage jeder Therapie
Ein gesunder Lebensstil kann helfen, Blutdruckwerte dauerhaft und nebenwirkungsfrei zu verbessern – auch im Alter:
- Ernährung:
- Weniger Salz (max. 5–6 g pro Tag)
- Viel Gemüse, Obst, Vollkornprodukte, gesunde Fette (mediterrane Kost)
- Ausreichend Flüssigkeit, besonders bei Hitze
- Bewegung:
- Moderate Bewegung (z. B. Spaziergänge, Schwimmen, Gymnastik) mehrmals pro Woche
- Immer individuell angepasst und nach ärztlicher Rücksprache
- Rauchstopp und Alkoholverzicht
- Gewichtsregulation:
- Schon eine moderate Gewichtsreduktion kann die Blutdruckwerte spürbar verbessern
5. Fazit: Werte verstehen – Gelassenheit bewahren
Viele ältere Menschen orientieren sich an Normwerten, die ursprünglich für junge Erwachsene festgelegt wurden – das führt unnötig zu Verunsicherung. Tatsächlich steigen die „normalen“ Durchschnittswerte mit zunehmendem Alter leicht an. Das ist kein Grund zur Sorge, solange keine Symptome auftreten und die Versorgung der Organe gewährleistet bleibt.
Die wichtigste Regel lautet daher:
Blutdruck immer in Rücksprache mit dem behandelnden Arzt beurteilen und keine übereilten Maßnahmen treffen. Eine zu strenge Blutdrucksenkung kann für ältere Menschen gefährlicher sein als eine moderate Erhöhung.
Tipp: Führen Sie ein Blutdrucktagebuch und besprechen Sie dieses regelmäßig mit Ihrem Hausarzt oder Kardiologen. So lässt sich die Therapie optimal und sicher steuern – für mehr Lebensqualität im Alter.
Anmerkung der Redaktion: Dieser Artikel enthält ausschließlich allgemeine Informationen zu einem Gesundheitsthema und ist nicht zur Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation geeignet. Er ersetzt keinesfalls eine ärztliche Untersuchung oder Beratung. Bitte beachten Sie, dass unsere Redaktion keine individuellen Fragen zu Krankheitsbildern beantworten kann.

