Mikroplastik im Alltag: Warum heiße Getränke wie Tee und Kaffee besonders belastet sind
Einleitung
Dass Mikroplastik in der Umwelt allgegenwärtig ist, ist längst bekannt. Neuere wissenschaftliche Untersuchungen zeigen jedoch: Wir nehmen Mikroplastik nicht nur über die Nahrung oder die Atemluft auf, sondern auch in erheblichem Maße über Getränke. Besonders im Fokus stehen dabei heiße Getränke wie Tee und Kaffee – alltägliche Begleiter vieler Menschen.
Eine aktuelle Untersuchung der University of Birmingham, veröffentlicht im Fachjournal Science of the Total Environment, zeigt eindrücklich, wie stark unsere alltäglichen Konsumgewohnheiten – insbesondere To-Go-Getränke – zu einer erhöhten Belastung beitragen können.
Was genau wurde untersucht?
Die Forschenden analysierten insgesamt 155 Getränkeproben, die in britischen Supermärkten erhältlich waren – von Heißgetränken bis hin zu Softdrinks. Ziel war es, die durchschnittliche Belastung des Menschen durch verschiedene Getränkearten realistisch einzuschätzen.
Getestete Getränkegruppen:
- Heißer Tee (30 Proben)
- Heißer Kaffee (45 Proben)
- Eistee (10 Proben)
- Eiskaffee (10 Proben)
- Fruchtsäfte (20 Proben)
- Softdrinks (15 Proben)
- Energy-Drinks (25 Proben)
Zentrale Ergebnisse
Alle untersuchten Getränke enthielten Mikroplastikpartikel. Auffällig war, dass heiße Getränke im Durchschnitt die höchsten Werte aufwiesen.
Durchschnittliche Partikelzahlen pro Liter:
- Heißer Tee: 49–81 MP/L
- Heißer Kaffee: 29–57 MP/L
- Eistee: 24–38 MP/L
- Eiskaffee: 31–43 MP/L
- Fruchtsäfte: 19–41 MP/L
- Energy-Drinks: 14–36 MP/L
- Softdrinks: 13–21 MP/L
Besonders bemerkenswert: Hochpreisige Teebeutel setzten teilweise mehr Mikroplastik frei als günstigere Produkte. Dies hängt vermutlich mit der Verwendung von Kunststoffanteilen im Teebeutelmaterial (z. B. Nylon oder Polyethylenterephthalat) zusammen.
Warum sind heiße Getränke stärker betroffen?
Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass Hitze ein entscheidender Katalysator ist:
- Thermische Belastung: Heiße Flüssigkeiten lösen Kunststoffpartikel aus Verpackungen, Beschichtungen und Teebeuteln deutlich leichter heraus.
- To-Go-Becher: Pappbecher mit Kunststoffbeschichtung setzen unter Hitzeeinwirkung nachweislich Mikroplastik frei. Besonders problematisch sind Becher mit dünner Polyethylen-Innenbeschichtung.
- Produktionsprozesse: Auch beim Abfüllen und Erhitzen in der industriellen Herstellung können zusätzliche Partikel eingetragen werden.
Eine weitere bemerkenswerte Beobachtung aus einer separaten Studie: Getränke aus Glasflaschen enthielten teils bis zu 50-mal mehr Mikroplastik als solche aus Plastikflaschen. Vermutet wird, dass hier vor allem die Dichtungen der Deckel sowie Abrieb bei der Abfüllung eine Rolle spielen.
Gesundheitsrisiken: Was wir bisher wissen
Die Forschung zu den gesundheitlichen Folgen von Mikroplastik steckt noch in den Anfängen, liefert jedoch zunehmend besorgniserregende Hinweise:
- Mikroplastik wurde bereits in Blut, Lunge, Darm und sogar im menschlichen Gehirn nachgewiesen.
- Eine Studie der Medizinischen Universität Wien identifizierte Polystyrolpartikel in Einwegbechern, die potenziell gesundheitsschädlich wirken können.
- Neuere Daten (März 2024) weisen darauf hin, dass die Mikroplastik-Konzentration im menschlichen Gehirn seit 2016 um etwa 50 % gestiegen ist.
Die genauen Mechanismen möglicher gesundheitlicher Schäden – etwa durch Entzündungsreaktionen, Zellstress oder die Anlagerung toxischer Substanzen an Mikroplastikpartikeln – sind zwar noch nicht abschließend geklärt, doch die Tendenz ist klar: Die Belastung des Menschen steigt stetig an.
Politischer und gesellschaftlicher Handlungsbedarf
Die Studienautorinnen und -autoren fordern daher ein entschiedeneres Vorgehen:
- Gesetzliche Maßnahmen und strengere internationale Regulierungen, um Mikroplastikemissionen einzudämmen.
- Mehr Forschung, um Risiken präziser zu bewerten und Grenzwerte festzulegen.
- Förderung von Alternativen: Materialien, die Plastik ersetzen können, ohne dieselben Umweltprobleme zu verursachen.
Ein Hoffnungsschimmer: Forschende haben jüngst ein innovatives Material namens tPB entwickelt. Es vereint die Eigenschaften von Plastik, ist jedoch biologisch abbaubar, auch im Salzwasser, und bleibt dabei sogar gegen kochendes Wasser stabil.
Fazit
Die Ergebnisse zeigen klar:
- Mikroplastik ist in nahezu allen Getränken nachweisbar.
- Heiße Getränke wie Tee und Kaffee stellen eine besonders große Belastungsquelle dar.
- Vor allem Verpackungen und To-Go-Becher tragen massiv dazu bei.
Für Sie als Verbraucherinnen und Verbraucher bedeutet das konkret:
- Vermeiden Sie Einweg-To-Go-Becher – setzen Sie stattdessen auf Thermobecher oder Mehrweg-Systeme.
- Bevorzugen Sie lose Teeblätter statt Teebeuteln aus Kunststofffasern.
- Achten Sie auf unverarbeitete Produkte, bei denen weniger Verpackung im Spiel ist.
- Machen Sie sich bewusst: Mikroplastik ist längst kein Randproblem mehr, sondern Teil unseres Alltags.
Die wissenschaftliche Botschaft ist eindeutig: Je heißer das Getränk, desto höher die Mikroplastik-Belastung. Hier besteht dringender Handlungsbedarf – sowohl auf individueller als auch auf politischer Ebene.

